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Ich sage nie, dass ich an Colitis Ulcerosa leide | Ein Gastbeitrag von Belinda

colitis ulcerosa

Hallo, ich heiße Belinda, bin momentan 25 Jahre alt, so ziemlich am Ende meines Masterstudiums und lebe seit etwa 3,5 Jahren mit Colitis Ulcerosa.

Die Diagnose

Das mit mir und der Colitis begann im Jahr 2014, im Frühjahr um genau zu sein. Auf einmal hatte ich Blut im Stuhl. Es war eigentlich ein ganz normaler Tag, und dann das. Aber wie man mit 21 eben reagiert. „Das wird schon nichts sein. Geht bestimmt von selber wieder weg. Bloß nicht verrückt machen.“, dachte ich mir und ignorierte es. Jedoch zeigte sich schnell, dass es eben nicht „von selber wieder weg ging“ und auch alles andere als „nichts“ war. Es wurde mehr Blut und mehr Schmerzen.

Im Sommer, nach der Koloskopie, kam dann die endgültige Diagnose. Colitis Ulcerosa. Unheilbar. Chronisch. Dauerhafte Medikamente.

Die Reaktion

Ich erinnere mich ehrlich gesagt nicht an viel in dieser Zeit (Verdrängung, schätze ich) außer dem Gefühl der extremer Überforderung. Vor allem bei mir. Aber auch in meinem Umfeld.

Es folgte eine lange Zeit der Fehlversuche. Ich war zu der Zeit noch im Bachelorstudium in Berlin und ich hatte keinen Arzt bei dem ich mich gut aufgehoben und ernstgenommen fühlte. Ich rannte also von Arzt zu Arzt in der Hoffnung einen zu finden, der mir Sicherheit und Vertrauen vermittelte, der aber gleichzeitig auch Kassenpatienten unterstützt und nicht 6 Monate im Voraus ausgebucht ist. Ich fand jedoch keinen.

Die Medikation bestand zunächst aus Mesalazin. Keine Erfolge. Immer wieder Cortison. Zumindest das Blut wurde weniger. Aber so richtig wurde es nie besser. Ich hatte dauerhaft Durchfall, mehrfach am Tag und teilweise auch nachts. Mal war es besser, mal schlechter. Erst nach einem sehr heftigem Schub im Sommer 2015 und neuer Medikation wurde es etwas besser.

Dieser Schub war mit einer der schlimmsten von allen. Zu dem dauernden Durchfall kam dann noch eine Magenentzündung dazu, wodurch ich kaum noch etwas von Gehalt zu mit nehmen konnte. Aus Angst und Mangel an ärztlicher Unterstützung ging ich ins Krankenhaus und bekam dort zum ersten Mal eine Behandlung bei der ich mich verstanden fühlte. Der Rest des Jahres verlief sehr gut. Ich hatte keinen Durchfall mehr und auch der Umzug nach München für das Masterstudium verging ohne Probleme.

Bergauf

In meiner neuen Heimat wurde es um einiges besser.

Ich bekomme immer noch Schübe (zwei in 2016 und einen in 2017) und die knocken mich auch total aus. Aber ich habe das Gefühl auf dem richtigen Weg zu sein.

Ich habe einen Arzt dem ich vertraue und der mich ernst nimmt. Er hört auf mich, meine Erfahrungen und Gefühle und wir bauen darauf die gesamte Behandlung auf (ich nehme momentan Azathioprin tgl. 3x 50mg. Und 1x tgl. Budenofalk 9mg). So kann ich auch wieder ohne große Sorgen zur Uni gehen, reisen, einfach leben.

Mein Onkel sagte einmal zu mir „Gib nicht auf, es gibt immer eine Ursache.“ Und irgendwie ist es hängen geblieben.

Obwohl ich durch mein Studium (Agrarwissenschaften mit der Spezialisierung auf Tierernährung) Kontakt zur aktuellen Forschung der chronisch entzündlichen Darmerkrankungen habe, denke ich, dass die Ursache nicht immer eine greifbare Sache sein muss.

Mir ist es wichtiger zu erkennen, was bei mir im Leben falsch lief, dass mein Körper so eine starke Reaktion zeigte.

Die Ernährung

Das mit meiner Ernährung ist so eine Sache. Ich habe nach Erhalt der Diagnose bereits mehrere Monate vegan und sogar ein paar Jahre glutenfrei gelebt. Weniger wurden meine Schübe dadurch allerdings nicht. Unverträglichkeiten in die Richtung habe ich auch keine weshalb ich seit Anfang 2017 komplett umgestiegen bin.

Ich koche und backe inzwischen fast alles selbst und versuche damit Dinge wie Konservierungsmittel komplett zu vermeiden.

Ich achte dabei darauf mich ausgewogen und weitgehend vegetarisch zu ernähren.

Seit einem Jahr halte ich mich außerdem vermehrt an die ayurvedische Ernährung, was mir sehr gut tut.

Ein Stück Schokolade am Abend oder ein Stück Torte auf einem Geburtstag verbiete ich mir aber auch nicht. In diesem Fall ist bei mir die Menge entscheidend.

Mit dieser Form der Ernährung geht es vor allem meiner Seele sehr gut, was sich daraufhin extrem in meinem Darm spiegelt. Im Falle auftretender Bauchschmerzen gibt es jedoch strikte Schonkost. Aber für den Fall gibt es Gerichte die ich einfach täglich essen könnte, wie z.B Kartoffelbrei, Spinat und ein gekochtes Ei.

Dass ich in der Lage bin das so zu erkennen, liegt aber vor allem an den vielen Diäten und Ernährungstagebüchern die ich geführt habe. Durch die Tagebücher habe ich erkannt was meinem Körper nicht gut tut. Durch die Diäten habe ich gelernt diese Lebensmittel zu umgehen und daher auch im Alltag nicht mehr zu vermissen. Es ist also kein leichter Weg seine richtige Ernährung zu finden, besonders nicht im Falle einer chronischen Darmerkrankung. Ich selber war oft frustriert, hatte keine Lust mehr auf tägliches Tagebuch führen oder Diäten. Aber es ist ein Weg der sich lohnt.

Ich persönlich bin überzeugt, dass ich auch jetzt schon durch meine Colitis gewachsen bin. Sie zwingt mich manchmal in die Knie aber damit zwingt sie mich auch wieder aufzustehen.

Sie zwingt mich auf mich zu hören und zu achten. Daher sage ich auch nie, dass ich an der Colitis „leide“.

Ich freue mich sehr ein Teil von diesem Blog zu sein. Es ist wichtig, dass das Bewusstsein für diese Krankheiten besser wird. Nicht nur bei der Gesellschaft sondern ganz Besonders auch bei denen die daran „leiden“. Daher ein ganz großen Danke, dass ich meine Geschichte teilen darf.

Belinda



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Menschen, die sich trotz gesundheitlicher Probleme nicht unterkriegen lassen – aufstehen und weiter kämpfen – motivieren dazu, auch selbst nie aufzugeben. Deshalb dürft ihr hier das Schweigen brechen. Ohne schlechtes Gewissen über Probleme reden. Über den Darm. Über Höhen. Tiefen. Erfolge.  Gemeinsam schaffen wir es Tabus zu brechen, uns gegenseitig zu motivieren, zu inspirieren und viel voneinander zu lernen!

Wenn ihr eure Geschichte wie Belinda (hier gehts zu ihrem Blog) teilen möchtet, schickt mir eine E-Mail an other-stories@outlook.com und ich werde sie auf meinem Blog veröffentlichen!

 

 

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2 Comments

  • Reply
    Chris B. Acon
    8. Mai 2018 at 13:04

    Ein sehr interessanter Gast Beitrag!

    • Reply
      Anna
      9. Mai 2018 at 7:55

      Dankeschön! richte ich der Verfasserin aus 🙂

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